2022 – Das 30. Mal »KÖLNER KURS«
Das sind seit 30 Jahren die schönen Oldtimer-Motorradwettbewerbe auf der GP-Schleife des Nürburgrings!
Nein, da waren doch die spannenden Rennen auf der Köln-Bonner Autobahn! Ja, fast richtig … doch die Historie des Kölner-Kurs reicht noch weiter zurück! Wer heute im Stadtwald im Straßenviereck Dürener- und Friederich-Schmidt-Straße und zwischen dem Militärring und der Kitschburger Straße, seinen Urenkeln, Enkeln oder Kindern den Wildpark zeigt, wird kaum daran denken, dass man auf Kölner Motorsport-Historie wandelt. Der hufeisenförmige Ringweg war die Rennstrecke für die Kölner Stadtwaldrennen 1936 bis 1938, auf der sich, vor teilweise mehr als 10.000 Zuschauern, die nationale und internationale Motorrad-Rennelite, Solo und mit Seitenwagen packende Rennen lieferte. Für die Stadt Köln waren diese Rennen sportliche Höhepunkte in den Vorkriegsjahren. Was Rang und Namen hatte, angefangen bei Oberbürgermeister Dr. Schmidt, kam in den Stadtwald. Die Zuschauer säumten den gesamten Rundkurs. Dichtgedrängt standen sie in mehreren Reihen hintereinander bis an den Straßenrand, wo in Reichweite die schweren Maschinen mit Ohrenbetäubendem Lärm vorbeirasten« erzählt Prof. Dr. Hanswilly Bernartz, der damals selber zur bekannten und erfolgreichen »Garde« Kölner Motorradrennfahrer gehörte.
Alle bekannten deutschen und natürlich auch die damals bekannten englischen Fabrikate durften da nicht fehlen. So war 1937 der mehrfache deutsche Meister Kurt Mansfeld mit NSU in der 500 ccm Klasse im Stadtwald erfolgreich. Der Sieg wurde ihm später aber wegen spöttischer Bemerkungen über Adolf Hitler bei einem Rennen in Ungarn wieder aberkannt. Erst Jahre später wurde Mansfeld wieder rehabilitiert. Bei den Seitenwagen gewann 1937 der Oberbayer Toni Babel als überragender Fahrer. Nur wenige Wochen später verunglückte er bei einem Rennen auf dem Nürburgring tödlich.
Die Trainingsmöglichkeiten waren in Köln jedoch damals sehr eingeschränkt. So trainierte die Kölner Elite wie Hans Sönius, Hans Schäfer (Gründer der Renngemeinschaft Köln 1951), Franz Strassburger, Ernst Zündorf, Eberhard Sieg und Dr. Hanswilly Bernartz meist auf der Landstraße zwischen Gleuel und dem Decksteiner Weiher zur Freude der immer vielen interessierten Zuschauer, welche den Klang der Maschinen ohne Schalldämpfer wahrlich genossen. Ein Einschreiten der Polizei wegen der Lautstärke, fehlendem Licht oder auch fehlender Zulassung wurde sich meist mit der Flucht über den Fußweg nach Marsdorf entzogen, da die Polizei — damals schon mit Autos — hier nicht folgen konnte. Hier konnte dann nicht mehr viel passieren, da die Landgendarmen, im Gegensatz zu den motorisierten Polizisten mehr hinter Autogrammen als mit Knöllchen (Strafzettel) her waren.
Nach drei Jahren war schon wieder Schluss mit den Stadtwaldrennen. Die Lärmbelästigung für die Anwohner und auch der Beginn des Zweiten Weltkrieges waren Gründe für nur das kurze »Leben« dieser Kölner Rennveranstaltung. Einblicke in alte Bauakten zeigten, dass bereits Mitte 1945 mit großen Schritten und eisernem Willen der Aufbau in Köln mit großen Schritten voranging. So war es nicht von ungefähr, dass neben der vielen Arbeit für den Wiederaufbau in der, wenn auch nur geringen Freizeit, sportliche Aktivitäten ausgeführt wurden. 1947 war es dann endlich wieder soweit, der erste Kölner Kurs für Solo- und Seitenwagenmaschinen und Sport- und Rennwagen sollte am 20. Juli 1947 stattfinden. Wo? Die Innenstadt war noch angefüllt mit Bergen von Trümmern, aber es gab schon die Autobahn von Köln nach Bonn. Die Rodenkirchener Brücke lag noch zerbombt im Rhein, der Verkehr konnte über Nebenstraßen Richtung Bonn fahren. Der Kölner Kurs war da!
Eine Strecke von 5.542 km Länge, drei Kehren und der langgezogenen Kurve der heutigen Zufahrt von Bonn auf die Rodenkirchener Brücke.
Aber der Kölner Kurs 1947 wurde von den Besatzungsmächten damals nicht genehmigt! Das AUS? 1948 aber, am 29. Und 30. Mai, nach Überwindung vieler Hürden war es dann klar: Der Kölner Kurs als 2. Lauf der Straßenmeisterschaft für Motorrad- und Wagenklassen
konnte stattfinden.
»Noch niemals seit wir Gross-Sportveranstaltungen haben, hat eine Stadt von vielen hunderttausend Einwohnern ein Rennen mit solch fieberhafter Spannung erwartet, wie die Kölner heute ihren Kölner Kurs« (aus »Der Motorsport« vom 30. Mai 1948). Der Veranstalter, der damalige Kölner Club für Motorsport, konnte natürlich auch einige recht bekannte Namen in der Organisation mit aufführen. Neben dem Schirmherrn, dem Regierungspräsident Dr. Warsch, Köln, gehörte neben vielen honorigen Ehrenausschußmitgliedern auch kein anderer als der spätere Bundeskanzler und Oberbürgermeister a. D. Konrad Adenauer dem Ehrenausschuss an. Eine Person, die auch schon beim Bau des Nürburgrings eine gewisse Weitsicht in die Zukunft des Motorsports hatte.
Auch die Meldeliste konnte sich sehen lassen. Nicht nur, dass von den 400 Meldungen nur 300 angenommen werden konnten, es war auch weiß Gott kein lokales Rennen. Von Lübeck und aus München kamen die Starter. Rennläufe mit 25 bis über 40 Starter waren die Regel! Die Marken der Starter waren natürlich meist Deutsche, wie DKW, NSU und BMW. Aber auch vereinzelt waren die wunderbaren englischen Maschinen zu sehen. Auch später bekannte Rennfahrer wie Noll/Cron bei den Seitenwagen oder Hein Thorn-Prikker, wie auch Georg (Schorch) Meier oder H. P. Müller waren am Start. Noch interessanter war es jedoch bei den Autos, hier gab es nicht so viele bekannte Marken und somit umso mehr Eigenbauten. Wer kennt heute noch Namen wie Veritas oder VLK?
Die Presse: »Es lohnte sich, nass zu werden!« oder »Kölner Kurs — Geschosse auf Rädern« und andere, waren die Überschriften der verschiedenen Artikel. Es regnete am Renntag und trotzdem »laufen in unablässiger Folge in Marienburg (Red. ein Stadtteil von Köln-Süd) die Straßenbahnen ein.
Ein Schwarm von Karten- und Programmverkäufern stürzt sich auf die Aussteigenden«! Es muss also schon was gewesen sein, der Kölner Kurs 1948. Auf jeden Fall berichtet die Presse von überfüllten »Inflationstribünen« und ca. 100.000 Zuschauer, die sich auch in großer Anzahl einen Weg durch die Felder neben der Streckenführung zu den Stehplätzen suchten; also »Schütz die Fluren! Disziplinlosigkeit gefährdet nicht nur unsere Ernährung, nicht nur den Kölner Kurs, sondern auch den gesamten westdeutschen Motorsport!« Hieß es vom Veranstalter. Der Schutz der benachbarten Felder war das Hauptproblem des Rennens. So gab es mehr Streckenposten zum Schutz der Felder, die zum Teil auch heute noch neben der Autobahn zu sehen sind, als es Posten auf der Rennstrecke.
Ja es war 1948!
Die schnellsten Runden waren, natürlich der damaligen Zeit angepasst: Solo-Klassen 125 ccm 92,6 km/h, 250 ccm 113,0 km/h, 350 ccm 116,5 km/h, 500 ccm 131,6 km/h und die Seitenwagen mit 600 ccm bzw. bis 1.200 ccm 112,4 km/h bzw. 109,7 km/h. Die bekanntesten Sieger waren in der 350 ccm Klasse Wilhelm Herz auf NSU und in der 500 ccm Klasse Schorch Meier auf BMW. Die Rennwagen standen da nicht viel nach und fuhren die schnellsten Runden zwischen 99,3 km/h — Klasse Kleinstrennwagen — und 124,8 Km/h — Sportwagen bis 2.000 ccm.
Der Einstand 1948 war gelungen und so gut, dass der Kölner Kurs 1949 fortgesetzt werden sollte. Diesmal lag der Termin auf dem 2. Oktober 1949. Wie sich die Zeiten geändert hatten, zeigte sich daran: es gab nun die Bundesrepublik Deutschland, Dr. Konrad Adenauer, nun der Bundeskanzler, durfte aber trotzdem beim Rennen nicht fehlen und hielt natürlich auch eine Rede. Auch diesmal mussten wieder viele Meldungen wegen der übergroßen Zahl von Startern abgewiesen werden. Aber auch diese Meldeliste von 1949 war nicht ohne; Ernst Hoske/BMW, Schorch Meier/BMW, H.P. Müller/ DKW, Wilhelm Herz/NSU, Heiner Fleischmann/NSU, Hein Thorn Prikker/Velocette, Noll/Cron/BMW, waren bei den Motorrädern die bekannten Namen.
Bei den Autos stand die Namensliste in keiner Weise nach; Karl Kling/Veritas, Hans Stuck/AFM (der Vater von H.J. Stuck) und Huschke von Hanstein/Condor waren nur einige der bekannten Namen. Die Höchstgeschwindigkeiten lagen natürlich über denen des Vorjahres: 125 ccm 98,6 km/h, 250 ccm 124,9 km/h, 350 ccm 130,3 km/h, 500 ccm 143,5 km/h, Seitenwagen 600 ccm/1.200 ccm 124,8/119,1 km/h. Die Autos standen da kaum nach: Sportwagen bis 1.100ccm 115,1 km/h, bis 1.500 ccm 123,9 km/h, bis 2.000 ccm 137,0 km/h, Rennwagen bis 750 ccm 112,0 km/h und die F2, bzw. formelfreien Fahrzeuge 138,1 km/h.
Die Ehrenurkunden der Sieger wurden dann noch vom Bundeskanzler Dr. Adenauer unterschrieben; großer Rennsport in familiären Kreis. Wohl dem der heute noch eine solche Urkunde besitzt, echte Raritäten! Die Zahl der zahlenden Zuschauer wurde mit 60.000 angenommen, die ihr Kommen nicht bereuen mussten und den Rennen mit Begeisterung folgten.
In der Kasse des Veranstalters herrschte jedoch »Ebbe«. Offensichtlich war nur ein Teil der Zuschauer abkassiert worden (oder hatte es schon Betrügereien gegeben?) Letztlich war der Club nach der Veranstaltung zahlungsunfähig! Einen weiteren Kölner Kurs gab es danach nicht mehr. Auch wären Rennen danach, auf einem abgesperrten Stück einer Autobahn mit Sicherheit nicht mehr möglich gewesen.
1991 war dann der »Dornröschenschlaf« des Kölner Kurs vorbei! Warum sollte es keinen Kölner Kurs mehr geben? Hans Cramer vom MSC-Porz griff diese Idee auf und organisierte wieder. Wie vor beschrieben waren Rennen im Stadtwald und auf der Autobahn nicht mehr möglich und hätten wahrscheinlich auch nicht mehr den Rahmen abgegeben, der heute für Rennen mit Motorrädern sinnvoll ist! Also auf in »Konny’s« (liebevolle Namensnennung der Kölner für Konrad Adenauer) Fußstapfen, jedoch nicht in Köln, sondern zum Nürburgring. So ist 2022 das 30. mal die GP-Schleife des Nürburgrings die »Neue Heimat« für den Kölner Kurs.
Inzwischen immer noch der Insidertipp für die Freunde schöner alter und schneller Rennsportmaschinen. Die inzwischen nahezu konstanten Meldeergebnisse (teilweise über 300 Starter) und Zuschauerzahlen zeigen seither immer noch das Interesse an den zum Teil wirklich historischen Maschinen. Vintage-Maschinen bis zum Baujahr 1930, die Postvintage von 1931—1949, die Classics von 1950—1967 und die »jungen« Klassen 1967—1939, sowohl Solo als auch die die Gespanne in den verschiedenen Varianten (Sitzer oder Kneeler).
Fehlen darf natürlich auch nicht die Klasse der Jugendlichen der 60er/70er Jahre: die 50 ccm Maschinen. Alles ist in Aktion zu sehen. Nicht nur das Herz der Motorradsportfans schlägt höher, manch einer denk nur zu gerne an die »guten alten Zeiten« zurück, die ja eigentlich gar nicht so lange her sind. So wird auch versucht die »alte« Atmosphäre immer wieder herzustellen. Der Eintrittspreis ist seit Jahren schon mit 9 € fast wie früher, da war es noch die D-Mark. Das Fahrerlager ist für jedermann offen und bei dieser Veranstaltung darf man auch mal, mit der entsprechenden Vorsicht von der Boxengasse aus die Maschinen auf der Start- und Zielgeraden anschauen. Motorsport pur von 8:30 bis 18:00 Uhr fast »Nonstop«. Eine Zeit lang gab es zwischen den Läufen der Motorräder, einen Lauf von historischen Motorrollern bis Baujahr 1984! Doch hier haben sich die Zeiten geändert. Inzwischen sind einige neue Klassen der Youngtimer der Baujahre 1984–1993 hinzu gekommen: Youngtimer 4-Takt, Youngtimer GP 2-Takt, Supersport und Superbikes bis 1999, alles Motorräder welche die Motorsportgeschichte mit gestaltet haben. Somit wurden die Highlights der vielen Motorradklassen mit diesen Klassen aufgestockt. Erinnerung und Spannung bleiben den Aktiven und Zuschauern erhalten.
2020 sollte es soweit sein, in der Jahresfolge: der 30. Kölner Kurs! Alles war organisiert und vorbereitet, doch der inzwischen allen in Erinnerung bleibende Coronavirus unterbrach die Reihenfolge der jährlichen Veranstaltung in Folge. Es sollte noch schlimmer kommen, denn auch im Jahr 2021 gab es, immer noch in Folge von Corona, auch keinen 30. Kölner Kurs. So wurde aus dem 30. Kölner Kurs nun im Jahr 2022 »30 mal Kölner Kurs« auf dem Nürburgring, in der Hoffnung, dass er endlich auch wieder in einer Jahresfolge stattfinden kann.
Diese kleine Historie ist nicht allumfassend und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie konnte mit Hilfe einiger alter Fotos, Reportagen und Zeitungsausschnitten aus dem Archiv des MSC-Porz erstellt werden. Trotzdem erhofft der Verfasser, dass sie dem Leser eine kleinen Einblick in einen interessanten Teil der Kölner Stadtgeschichte, insbesondere des Kölner Motorsports gegeben hat. Leider ist die Historie vieler vergleichbarer
damaliger Rennen, wie z. B. in Leverkusen oder in Neuwied, nahezu unbekannt geblieben. Eigentlich schade!
Verfasser und Copyright H. Firmenich, MSC-Porz
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